Sonntag, 27. November 2011

Flashback: Into the woods, Staatstheater Kasssel, 14. Februar 2011

Ganz schön schwierig, im Rückblick einen Bericht über ein Musical zu schreiben. Da rächt es sich dann eben, dass ich meine Eindrücke nicht sofort aufgeschrieben habe. Andererseits werden es dann auch nur die Dinge, die mich wirklich beeindruckt haben, hierher schaffen. Was natürlich nur die mir eigene Art ist, mir meine Schlamperei schön zu reden!

Also los: Schon beeindruckend, mit wie vielen hochkarätigen Musicalstars "Into the woods" aufwartet. Für mich wären allein schon Serkan Kaya und Maaike Schuurmans (die nicht umsonst den Hersfeld-Preis für ihre Lucy in "Jekyll & Hyde" bekommen hat) überzeugende Argumente gewesen, mir das Stück anzusehen. Im Nachhinein würde ich allerdings niemanden aus dieser wirklich großartigen Cast besonders hervorheben wollen.

Alle Fotos: Homepage von Matthias Davids

Das Bühnenbild hat mir - mit den übergroßen Streichholzschachteln als Häuser und den Zundhölzern als Wald - sehr gut gefallen. Es wird wohl auch Gründe geben, wieso Mathias Fischer-Dieskau am Ende bei der diesjährigen "musicals"-Abstimmung einen Preis dafür bekommen hat. Allein die Tatsache, dass die Streichhölzer im zweiten Akt abgebrannt waren und somit die veränderte Stimmung des Stücks verdeutlichten, fand ich clever gelöst. Auch die Kostüme waren ziemlich gelungen. Denn, mal ehrlich, der Bäckersfrau eine geflochtene Frisur in Form einer Brezel zu verpassen, ist mehr als nur originell. Auch für das goldfarbene Prinzessinenkleid von Aschenputtel fällt mir kein besseres Adjektiv als "zauberhaft" ein, das sonst so gar nicht zu meinem Wortschatz gehört.






"Into the woods" ist sicher keine leichte Kost. Hat man im ersten Akt noch dieses "Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage"-Gefühl, wird im folgenden deutlich, dass man sich besser gut überlegt, was man sich wünscht, weil man immer einen Preis zu zahlen hat. 


Hier werden diverse Märchen bunt gemischt. So gesehen passt "Into the woods" sehr, sehr gut in die Brüder Grimm-Stadt Kassel. Man trifft im Laufe des Stückes auf Rotkäppchen, auf Wölfe und Prinzen, Aschenputtel, ihre böse Schwiegermutter und ihre nicht minder bösen Stiefschwestern, auf Hans und die Bohnenranke, auf Hexen, ein ziemlich traumatisiertes Rapunzel und unheimliche Erzähler. Das Bindeglied zwischen all diesen Märchen bildet das Bäckers-Ehepaar, das sich nichts sehnlicher wünscht als ein Kind und sich diesen Wunsch nur mithilfe der anderen Beteiligten erfüllen kann.


Bekommen im ersten Akt noch alle, was sie wollen... das Bäckers Ehepaar ihr Kind, Hans seine Zauberbohnen, Aschenputtel ihren Prinz... wird es im zweiten Akt deutlich düsterer. Die Prinzen interessieren sich eher für Schönheiten im Glassarg und Bäckersgatinnen, die sich im Wald verirrt haben, als für die jeweils Angetrauten. Und auch Hans' Mord an dem Riesen rächt sich bitter. Es ist eben nicht alles Gold, was glänzt. Außer vielleicht für die Hexe, die sich durch des Bäckers Gaben in eine wahre Schönheit verwandelt.


Ich mochte "Into the woods" auf Anhieb, weil die Geschichte zwar humorvoll erzählt wird, aber trotzdem zum Nachdenken anregt. Und ich finde auch, dass dem Staatstheater Kassel damit nach "South Pacific" der nächste große Wurf gelungen ist. Der Ansicht waren wohl auch die Leser der "musicals", belohnten sie Matthias Davids doch mit einer Auszeichnung für die "beste Regie".

Die Darsteller waren allesamt toll. Serkan Kaya und Julian Looman waren in ihren Rollen als Wölfe perfekt, in denen als Prinzen so unterschiedlich wie auch unschlagbar. Ihr Duett "Liebesqual" hatte eindeutig die meisten Lacher des Abends. Leider ist nicht überliefert, ob Serkan in seiner Rolle als Udo Lindenberg irgendwann auf die Bühne gesprungen ist, denn hier hatte er seine Auf- und Abgänge immer mit einem eleganten Sprung zu absolvieren. Lacher garantiert.

Lisa Antoni war ein fantastisches Aschenputtel mit klarer Stimme, Tom Schimon gab einen sehr naiven Hans, Erwin Bruhn einen "geheimnisvollen Mann", der geheimnisvoller nicht hätte sein können, Mary Harper verkörperte die Bäckersfrau zuerst sehr bodenständig, um am Ende aber den Avancen des Prinzen zu erliegen, Detlef Leistenschneider war ein furchtbar sympathischer Bäcker und Ann Christin Elverum beeindruckte mit ihrer außergewöhnlichen Stimme. Beeindruckend auch Marianne Curn als vorlautes, bei jedem dritten Schritt hüpfendes Rotkäppchen. Wie man sich auf diese Schritte konzentrieren und dabei noch singen kann, nötigt mir wirklich Respekt ab. 

Leider kann ich die Videos zu "Into the woods" nicht einbetten. Wen Eindrücke aus dem Theater interessieren, findet sie hier und hier.


Cast

Erzähler / Geheimnisvoller Mann: Erwin Bruhn
Aschenputtel: Lisa Antoni
Bäcker: Detlef Leistenschneider
Bäckersfrau: Mary Harper
Aschenputtels Stiefmutter: Maaike Schuurmans
Hexe: Ann Christin Elverum
Aschenputtels Prinz / Wolf: Serkan Kaya
Hans Mutter: Renate Dasch
Hans: Tom Schimon
Florinda: Nayeon Kim
Lucinda: Sabine Roppel
Rotkäppchen: Marianne Curn
Aschenputtels Mutter/Rotkäppchens Großmutter/Stimme der Riesin: Doris Neidig
Aschenputtels Vater: Bernhard Modes
Rapunzels Prinz / Wolf: Julian Looman
Rapunzel: Ingrid Fröseth
Diener: Shane Dickson


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